Publisher unterliegen Eyeo vor Gericht; Plista und Jivox kooperieren
by Sonja Kroll on 21st Aug 2017 in News
ExchangeWire bündelt die wichtigsten Nachrichten aus der Region DACH mit Schlaglicht-Interviews aus der deutschsprachigen Programmatic-Szene. Diese Woche: Eyeo setzt sich vor Gericht gegen Publisher durch; Plista und Jivox kooperieren; Nielsen Ad Ratings Benchmarks; und Fünf Fragen an Oliver Hülse, Integral Ad Science.
Erneuter Sieg für Werbeblocker
Deutsche Gerichte sind offenbar pro-Adblocker. Bei der aktuellsten gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Adblock Plus-Entwickler Eyeo und mehreren Medienunternehmen mussten die Publisher erneut eine Niederlage einstecken.
Die Klage war angestrengt worden von TV-Sender ProSieben Sat1, der Süddeutschen Zeitung und IP Deutschland. Sie argumentierten, dass Eyeo gegen das Wettbewerbsrecht verstoße und forderten von den Kölnern Schadensersatz. Das Münchner Oberlandesgericht sah diesen Sachverhalt nicht gegeben. Der Werbeblocker von Eyeo könne weiterhin verkauft werden. Auch die in Publisher-Kreisen höchst umstrittene Praxis von Eyeo, sich die Einträge auf den Whitelists versilbern zu lassen, die den Adblocker für Werbeeinblendungen durchdringlich machen, sei rechtens.
Damit schloss sich das Münchner Gericht einem vorherigen Urteil des Oberlandesgerichts Köln an, das bereits im vergangenen Jahr Werbeblocker für zulässig erklärt hatte. Die Kölner Richter hatten jedoch die Whitelist-Praxis von Eyeo nicht gebilligt.
Eyeo-CEO Till Faida signalisierte den Publishern indes Gesprächsbereitschaft: „Das Urteil bestärkt wieder einmal die Nutzerrechte, für die wir uns mit unseren Produkten einsetzen. Wir hoffen, jetzt außerhalb des Gerichtssaals einen konstruktiven Dialog mit den Verlagen und Website-Betreibern beginnen zu können. Uns ist daran gelegen, Lösungen zu finden, die für Nutzer und Anbieter gleichermaßen gut funktionieren.”
Partnerschaft zwischen Plista und Jivox
Native ist nach wie vor die treibende Kraft in Sachen Ad Spend. Vor diesem Hintergrund schließen die Xaxis-Tochter Plista und Jivox jetzt eine Kooperation, die die Publikumsdaten von Plista mit Jivox’ IQ Plattform verbinden soll. Über die Partnerschaft sollen die Audience-Insights von Plista in Kombination mit der Native-Technologie von Jivox die Creative-Optimierung nativer Werbeformen in Echtzeit ermöglichen.
“Marketer können sich heutzutage nicht erlauben, ihren Kunden irrelevante Botschaften auszuliefern”, sagt Elizabeth Harrington, Head of Plista Nordamerika, Xaxis. „Plistas native, von Jivox unterstützte native Formate ermöglichen den Kreativschaffenden ihre Audiences in Echtzeit zu identifizieren und mit relevanten Inhalten zu engagieren. Mit unserer programmatischen Technologie ermöglichen wir Marken, Anzeigen auszuliefern, die relevant, einheitlich und nahtlos über alle Kanäle, Formate und Geräte eingeblendet werden.”
Die neue Optimierungslösung orientiert sich an dem gerade herausgekommenen IAB Dynamic Ad Standard. Die Advertiser können ihre Anzeigen auf der Basis von demografischen Fakten, Produktvorlieben, Kontextdaten wie Tageszeit, Wochentag oder Wetterbedingungen optimieren und damit ihre Werbebotschaften direkt auf Werbeumfeld und Nutzergerät zuschneiden.
„Plista’s robuste Datensätze und Jivox’ AI-getriebene Personalisierungstechnologie stellt sicher, dass Marken relevante Ad-Varianten erstellen können, die sich allen digitalen Plattformen anpassen”, ergänzt Diaz Nesamoney, Chairman und CEO, Jivox. „Damit setzen wir einen neuen Industriestandard und bieten allen Marketern einen Ansatzpunkt zum Ausliefern von präzisen, relevanten Creative-Kampagnen innerhalb eines Premium-Native-Kontexts.”
Werbetreibende setzen auf Messung durch Drittanbieter
In seinem europäischen Bericht „Nielsen Digital Ad Ratings Benchmarks and Findings“ untersucht Nielsen über 9.000 Nielsen Digital Ad Ratings Kampagnen in sieben Ländern und erstellt Benchmarks für die prozentuale Zielgruppenerreichung bzw. den Prozentsatz aller Impressions innerhalb einer Kampagne, welche tatsächlich in der eigentlichen Zielgruppe ausgeliefert werden konnten.
Für Deutschland stellt Nielsen im aktuellen Bericht eine Steigerung der durchschnittlichen Zielgruppenerreichung fest. Verglichen mit den Daten aus dem Jahr 2015 steigerte sich die Zielgruppenerreichung insgesamt für ein Drittel der im aktuellen Report ausgewiesenen Zielgruppensegmente.
Interessant dabei: Das Interesse von Werbetreibenden und Vermarktern an Messungen von mobilen Kampagnen durch Drittanbieter wächst. Das Volumen der Kampagnen mit einer mobilen Komponente, das durch Digital Ad Ratings gemessen wurde, hat sich im vergangenen Jahr um mehr als das Fünffache erhöht. Derzeit umfasst mehr als die Hälfte (55 %) aller gemessenen digitalen Werbekampagnen eine mobile Komponente. Ähnliches gelte für Mobile, so Nielsen.
Laut des aktuellen Berichts verdoppelte sich die Zahl der von den Ad Ratings gemessenen Kampagnen in Europa von 2015 bis 2016. Allein in Deutschland stieg das Volumen der gemessenen Kampagnen um 88 Prozent an.
Fünf Fragen an Oliver Hülse, Geschäftsführer Zentral- und Osteuropa, Integral Ad Science
Was genau sind Fake News und warum sind sie plötzlich ein so heiß diskutiertes Thema?
Jede Meldung, die wissentlich falsche Inhalte als Tatsachen darstellt, ist eine Fake News. Häufig werden allerdings alle kontroversen Meldungen gleichgestellt, unabhängig davon, ob es sich um eine Meinungsäußerung oder tatsächlich falsche Berichterstattung handelt. Diese Unterscheidung gilt es zu beachten, da beides mitunter als „Fake News“ bezeichnet wird. Während des Präsidentschaftswahlkampfs in den USA kamen zahlreiche neue Fake-News-Websites auf, deren Ziel es war, entweder Meinung zu machen, oder durch Klickköder Traffic zu generieren. Der Einfluss dieser Websites auf die Wahl wurde auch von seriösen Nachrichtendiensten – u. a. dem Wall Street Journal und der New York Times – thematisiert. Angesichts dieser umfassenden Berichterstattung ist nachvollziehbar, dass Verantwortliche bei Marken, Agenturen und Technologieunternehmen sich zunehmend Gedanken über die Sicherheit ihrer digitalen Werbung machen und die Sorge haben, mit fragwürdigen Websites in Verbindung gebracht zu werden.
Vermeiden Advertiser Websites weil sie Fake News verbreiten, oder aufgrund ihrer politischen Meinungen?
Ob faktisch falsche Inhalte oder bereits kontroverse Meinungen als problematisch angesehen werden, entscheidet jedes Unternehmen selbst. Sie bewerten, was für ihre Marke oder ihre Kunden das Richtige ist und was nicht. Agenturen und Werbetechnologieunternehmen müssen anschließend sicherstellen, dass diesen Entscheidungen nachgekommen wird.
Wieso werden Werbeanzeigen ohne das Wissen der Werbetreibenden auf unpassenden Websites angezeigt?
In traditionellen Kanälen, egal ob Print, Radio oder TV, weiß der Werbetreibende stets, wo seine Werbung erscheint, da er bestimmte Platzierungen direkt von Verlagen und Sendern kauft. In der digitalen Werbung hingegen können zahlreiche Stationen zwischen Werbetreibende und Publisher geschaltet sein, wie zum Beispiel Ad-Netzwerke oder Programmatic Exchanges.
Und wie vermeidet man solche Platzierungen?
Am zuverlässigsten funktionieren hier Blacklists. Sie sorgen unmittelbar dafür, dass die Markenbotschaft nicht in einem unpassenden Umfeld auftaucht. Zudem ist auch ein zusätzliches Webseiten-Scoring empfehlenswert, wodurch Werbeanzeigen ausschließlich neben Inhalten mit einem sicheren Score ausgeliefert werden können. Dieser Ansatz funktioniert sowohl für direkte als auch für programmatische Käufe. Allerdings stellt sich hier die Frage, wie man entscheidet, welche Websites auf die Blacklist kommen und welche nicht. Einige Werbetechnologieanbieter vertreten die Meinung, dazu sei nichts weiter erforderlich als ein wenig „maschinelles Lernen“. Dabei lassen sich Fake News tatsächlich nur sehr schwer einordnen, denn was für den einen Fake News sind, können für die anderen seriösen Nachrichten sein.
Wie lässt sich das Gesamtproblem „Fake News“ lösen?
Obwohl Facebook und Google sich dazu verpflichtet haben, der Verbreitung von Fake News über ihre Plattformen Einhalt zu gebieten, werden Fake News vermutlich nie ganz verschwinden. Ob sie weiterhin so einflussreich sein werden wie in diesem Jahr, bleibt abzuwarten. Zweifellos wird der Traffic auf derartigen Websites während des nächsten Wahlzyklus wieder aufleben. Trotzdem können wir, jetzt, da wir als Branche uns dieses Problems bewusst sind, Schritte ergreifen, um zu verhindern, dass unsere Kampagnen dadurch beeinträchtigt werden.
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